Die Zukunft gehört den „Zwergen“ – MNZ

Schulentwicklungsplan: Den Grundschulen im Ostkreis gehen die Schüler aus
Von Pascal Reeber
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Stadtallendorf. Im Ostkreis bekommt das Wort „Demographie“ ein Gesicht: Einen einzigen Erstklässler wird die Grundschule Speckswinkel im Jahr 2011 noch haben. Im benachbarten Langenstein befinden sich die Schülerzahlen sogar im freien Fall: Von 106 Schülern in diesem Jahr wird die Zahl auf 52 im Jahr 2012 sinken. Insgesamt bei sechs kleinen Grundschulen im Ostkreis steht ein markanter Rückgang der Schülerzahlen an.
In Specks Winkel gibt es die „Zwergschule“ seit jeher. 550 Einwohner leben in dem Neustädter Stadtteil, es gibt derzeit 27 Schüler in vier Jahrgängen. Der Trend geht weiter bergab: Im Jahrgang 1999/2000 wurden zwölf Kinder geboren, 2000/01 zwei, 2001/02 wieder zwölf, 2002/03 sieben, 2003/04 fünf, 2004/05 noch ein Kind. Das wird bei der Einschulung 2011 ganz allein die erste Klasse besuchen – glaubt man der Prognose aus* dem Schulentwicklungsplan des Kreises. Lohnt sich da der Erhalt der Schule?
■ Kleine Schulen nicht schlechter als große – auch wenn Eltern das glauben
„Man kann nicht generell sagen, dass kleine Schulen schlechtere Bedingen bieten als große“, sagt Kreisschuldezernent Karsten McGovern. „Im Gegenteil: Wenn die Schüler in einer kombinierte Klasse unterrichtet werden müssen, stellt das ganz neue Anforderungen an Lehrer und Schüler, müssen neue Lösungen gefunden werden. Auch wenn die Eltern das nicht immer glauben.“
Beispiel Betziesdorf, Außenstelle der Grundschule Anzefahr-Niederwald. Dort klagen die Eltern seit Jahren, dass ihre Kinder durch den Unterricht in zwei kombinierten Klassen zu kurz kommen. Die Schüler hinkten ab der fünften Klasse hinterher.
Dennoch soll es in Betziesdorf im Jahr 2008 die Zusammenlegung von derzeit zwei zu einer kombinierten Klasse geben, die dann alle Klassenstufen umfasst: Im Jahr 2008 hat die Schule lediglich 28 Schüler.
„Der Vorteil von solchen kombinierten Klassen ist, dass ältere und jüngere Schüler zusammen sind und die Älteren den Jüngeren beim Lernen helfen können. Das schult ganz besondere Kompetenzen“, sagt McGovern.
Im Einzelnen sieht der Schul-Entwicklungsplan diese Reaktionen auf die sinkenden Schülerzahlen bei den am stärksten betroffenen Schulen
■ Erksdorf-Hatzbach: Abbau des Raumcontainers in Hatzbach im Jahr 2007, Schrumpfung von fünf auf drei Klassen,
Schweinsberg: Abbau des Klassencontainers, Umbau eines Klassenraums zum Mehrzweckraum, Schrumpfung von fünf auf drei Klassen,
■ Betziesdorf: Schrumpfung
von zwei zu einer Kombinationsklasse im Jahr 2008, danach wieder zwei Klassen,
■ Langenstein: Schrumpfung von vier auf zwei Klassen
■ Wohra: Schrumpfung von vier auf zwei Klassen.
McGovern ist sich sicher, dass der Kreis auch in Zukunft die Zwergschulen erhalten wird. „Laut Gesetzt wäre es aber auch möglich, die Kinder eine Stunde weit zu einer Grundschule zu fahren“, macht der Kreisbeigeordnete klar, dass eine Schule am Wohnort kein Grundrecht ist.
Eine Untergröße für Schulen gibt es nicht. „Es gibt Vorgaben des Landes, wonach eine Klasse aus etwa 14 bis 15 Schülern bestehen muss. Wenn man in einer Grundschule aus vier Jahrgangsstufen nicht mal diese Zahl zusammen bekommt, wird es natürlich schwierig. Aber so einen Fall haben wir noch nicht“, beruhigt der Dezernent.
Die kleinen Schulen seien im Übrigen auch nicht über die Maßen teuer. „Dort braucht man ja nur einen Lehrer für bis zu vier Klassenstufen. Das spart Geld“, sagt McGovern. Das sei auch der Grund, warum der Schulentwicklungsplan gerade bei den kleinen Schulen „keine Handlungsbedarf“ fordere. Allerdings räumt auch McGovern ein, dass Lehrer in Schulen mit nur einer Klasse für vier Stufen besonders gefordert würden