Ein Lob auf die Mütter und Väter der Verfassung

Frühere Ministerpräsidentin Lieberknecht sprach in Neustadt
Das historische Rathaus in Neustadt war voll besetzt, als Christine Lieberknecht auf „70 Jahre Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ zurückblickte.
von Klaus Böttcher
Neustadt. Schon vor Beginn der Veranstaltung wurden die Besucher auf das Grundgesetz eingestimmt, denn die Präambel zu dem Werk leuchtete von der Leinwand. Für viele Besucher und besonders für die Gastrednerin Christine Lieberknecht war es eine gelungene Einstimmung, als das Trio Semplice zu Beginn das Rennsteig-Lied spielte. Als Thüringerin und Präsidentin des Thüringer Wanderverbandes sang sie gleich begeistert mit. Den musikalischen Rahmen bildeten einmal mehr gekonnt Wilfred Sohn, Michael Dippel und Karl-Joseph Lemmer als das Trio Semplice.
Bevor Neustadts Bürgermeister Thomas Groll wie gewohnt die Hauptperson der Veranstaltung vorstellte, ließ er ein Video einspielen, das recht anschaulich die Entstehung des Grundgesetzes vor 70 Jahren darstellte. Es war am 23. Mai 1949 als der Parlamentarische Rat in Bonn unter dem Vorsitz von Dr. Konrad Adenauer das Grundgesetz verabschiedete.
„Neustadt feiert ein kleines Jubiläum, denn es ist zehn Jahre her, dass die Stadt die historische Veranstaltungsreihe begann“, sagte Thomas Groll ein
wenig stolz. „Das ist lebendiger Geschichtsunterricht, was wir hier machen“, betonte er und ging dann auf den Ehrengast ein. Die frühere Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht komme aus dem grünen Herzen Deutschlands, verkündete er. Sie habe Thüringen über 25 Jahre engagiert mitgeprägt.
So gehört sie dem Landtag seit 1991 an, war Ministerin in dem Freistaat Thüringen, Vorsitzende der CDU-Fraktion und fünf Jahre Ministerpräsidentin. Zudem engagiert sie sich in der evangelischen Kirche und in der Wanderbewegung.
Grundgesetz macht die Flucht erst möglich
Auf die Entstehung des Grundgesetzes eingehend meinte Groll: „Warum feiert man nicht den 23. Mai bundesweit?“ Bevor der Ehrengast darauf eingehen konnte, wies Groll auf die Plakate hin, die an der Wand hingen. „Das sind Werke der Klasse 9b der Martin-von-Tours-Schule und sie sagen etwas aus zu den Grundrechten, die im Grundgesetz verankert sind.“
„70 Jahre Grundgesetz, das geht uns alle an. Jeder ist über all die Jahre gefragt gewesen, das mit Leben zu erfüllen“, stellte Christine Lieberknecht gleich heraus. In ihrer emotionalen, gestenreichen Rede betonte sie, das Grundgesetz sei für die westlichen Länder verabschiedet worden, aber für alle gedacht gewesen. Denn in der Präambel sei schon festgehalten, dass es auch für jene Deutschen gedacht sei, denen mitzuwirken versagt gewesen sei.
Durch diesen Passus, dass das Grundgesetz für alle Deutschen gilt, war vor der Wiedervereinigung überhaupt die Flucht der DDR-Bürger in die Botschaften möglich. „Das ich heute mit Ihnen das Grundgesetz feiern kann, ist nicht selbstverständlich“, erklärte sie und sagte weiter: „Mit glücklichen Umständen gab es vor 30 Jahren die Wiedervereinigung, auch das war nicht selbstverständlich.“ Auf die Ereignisse vor und nach der Wiedervereinigung ging die engagierte Pastorin immer wieder ein.
Christine Lieberknecht lobte die Weisheit der Mütter und Väter des Grundgesetzes, die es verabschiedet hätten ohne zu wissen wie es weiter gehe, denn man ging von einer Übergangszeit aus. Das Grundgesetz habe immer wieder Anfeindungen standgehalten, auch 1994, als man über eine neue Fassung nachgedacht habe. Ein wichtiger Meilenstein zum Erhalt des Grundgesetzes sei auch die Einrichtung des Bundesverfassungsgerichtes 1951 gewesen.
Die Festrednerin ging auf die Präambel des Grundgesetzes ein, in der wichtige Sätze festgehalten seien. Es sei den Verfassern auch wichtig gewesen, dass es alle Länder waren, die dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung geben.
In den Sätzen ist auch von der Freiheit Deutschlands die Rede. Christine Lieberknecht sagte dazu: „Aus der Freiheit heraus muss Verantwortung übernommen werden.“