Großprojekt so gut wie abgeschlossen

Bioenergiegenossen wollen Solarthermieanlage und Nahwärmenetz erst einweihen, wenn „alles hübsch“ ist
Viele Monate lang war Mengsberg eine große Baustelle. Derzeit finden zwar weiterhin Arbeiten an den Straßen statt, diese haben aber nichts mehr mit dem Nahwärmeprojekt zu tun.
von Florian Lerchbacher
Mengsberg. „Na ja, eigentlich sind wir mit allem fertig“, sagt Karlheinz Kurz, Ortsvorsteher und Vorstandsmitglied der Mengsberger Bioenergiegenossen, auf Nachfrage dieser Zeitung. Die für Ende des März geplante Einweihung des größten Solarthermiefeldes Deutschlands, der Nahwärmezentrale und des dazugehörigen -netzes haben die Mengsberger trotzdem auf September verschoben: „Wir wollen schließlich, dass dann alles hübsch ist“, erklärt er und berichtet, dass noch kleinere Erdarbeiten rund um die Nahwärmezentrale nötig seien, zudem müsse der Vor-
platz gepflastert, Gras gesät und ein paar kleine Bäume gepflanzt werden. Ums „Rasenmähen“ rund um die Solarmodule auf dem eingezäunten Gelände der Bioenergiegenossen sollen sich übrigens künftig Schafe kümmern. „Solarthermiefeldschafe, die statt Fell ein Solarmodul auf dem Rücken tragen – eine ganz neue Züchtung“, scherzt Kurz bei der Spezifizierung der Rasse, um dann zuzugeben: „Nein, welche genau es werden, steht noch nicht fest.“
Die Anlagen indes laufen bereits komplett. Im April des vergangenen Jahres hatten die Bioenergiegenossen den Teilbetrieb aufgenommen und ein Stück des Nahwärmenetzes aktiviert. Für die Wärme sorgte damals der Biogaskessel – der eigentlich nur Notlösung ist, falls sich einmal nicht genug Energie aus Sonne und Holzhackschnitzeln gewinnen lassen sollte. Im November dann gewannen die Mengsberger erstmals Energie über die Solarmodule. „Unsere Solarthermiefläche ist 2 950 Quadratmeter groß, jederzeit erweiterbar und schon jetzt die größte in Deutschland“, zeigt sich Kurz stolz. Seit August haben die Genossen 2 150 Megawatt ins Netz geschickt – 217 davon stammen aus Sonnenenergie. „Das ist ein toller Wert, schließlich war Winter“, stellt Kesselwart Friedhelm Vauth heraus und berichtet, dass im Februar an 18 Tagen Energie aus der Sonne gewonnen worden
sei, um genauer zu sein ein Drittel der im Dorf benötigten Energie. „Und das im kältesten Monat des Jahres“, fügt Vorstandsmitglied Klaus Schwalm hinzu.
Inzwischen zeigt sich die Sonne häufiger. Und so gewannen die Mengsberger beispielsweise an einem leicht bewölkten Tag wie dem gestrigen in etwa doppelt so viel Energie wie im Dorf benötigt. Der Rest floss in den Pufferspeicher.
Im Dorf gibt es 225 Haushalte. 150 haben einen Anschluss ans Nahwärmenetz bekommen, für zwei noch zu bauende Häuser liegt ein sogenannter Bedarfsanschluss – allerdings nehmen erst 106 von ihnen auch Nahwärme ab. Der Rest setzt noch auf bisher genutzte Wärmequellen. „Es wäre gut, wenn auch die fehlenden Bürger umstellen – das wäre im Sinne einer Genossenschaft. Je mehr Energie abgenommen wird, desto weniger Verluste gibt es und desto rentabler ist die Anlage“, erläutert Kurz und betont, dass im Dorf durch das Nahwärmeprojekt jährlich 500 000 Liter Heizöl eingespart werden.
Die Kosten für das Großprojekt belaufen sich auf 5,4 Millionen Euro – und wurden auch eingehalten, wie Schwalm betont. Das Interesse sei groß, kommentiert Kurz: Generalunternehmer Viessmann und die Bioenergiegenossen würden immer wieder Menschen durchs Dorf und über die Anlage führen, die in ihrer Heimat ebenfalls über ein Umstellen auf regenerative Energien setzen wollten. So finden im Schulungsraum in der Heizzentrale regelmäßig Veranstaltungen statt. Kürzlich waren beispielsweise Stadtverordnete aus dem niedersächsischen Geestland vor Ort. Und Schwalm stellte das Mengsberger Konzept beim deutschlandweiten Solar-Projekt „Solnet 4.0“ vor.
Insgesamt läuft die Anlage rund und ohne Schwierigkeiten. Im Winter sei es bei ihm zuhause mauschelig warm und angenehm gewesen, freut sich Schwalm. Nur einmal sei es kalt gewesen: Als bei einem Sturm ein Baum auf eine Stromleitung fiel und das Dorf kurzzeitig vom Netz abgetrennt war, gingen die Umwälzpumpen nach Behebung des Stromversorgungsproblems nicht wieder in Betrieb. Sie förderten also kein warmes Wasser ins Dorf.
Unmittelbar nachdem das Problem auftauchte, waren die drei Mitglieder der „Technikgruppe“ auch schon in der Nahwärmezentrale und sorgten dafür, dass die Wärmeförderung wieder läuft. Anschließend baten sie die Firma Viessmann, die Steuerung umzustellen, sodass nach einem Stromausfall die Wärmeförderung automatisch wieder aufgenommen wird. „Das war eine Kinderkrankheit. Das Problem ist behoben“, sagt Vauth.
Zurzeit werden die Mengsberger Werte nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz geprüft. Zunächst wurden im Teillastbetrieb Abgaswerte gemessen, dann fand eine Schallschutzmessung im Volllastbetrieb statt. Das Ergebnis: „Alles im grünen Bereich“, freut sich Kurz und kündigt an, dass am 2. April noch eine Abgasmessung im Volllastbetrieb ansteht.
Außerdem noch in der Planung: Die Mengsberger haben beim Regierungspräsidium den Titel Sonnen- und Bioenergiedorf beantragt.