Bürgermeisterwahl in Neustadt: Herausforderer äußert sich im OP-Interview zu seinen Zielen
Von Michael Rinde
Neustadt.
Am 19. Januar fällt in Neustadt die Entscheidung über das künftige Stadtoberhaupt. Heinrich Ulmer aus Mengsberg fordert dabei den Amtsinhaber Thomas Groll (CDU) heraus; Ulmer tritt als parteiunabhängiger Kandidat an, ist allerdings Mitglied der AfD.
Im OP-Interview äußert sich Ulmer zu seinen Themen oder zu seiner Kritik an der Haushaltslage der Stadt. Außerdem nimmt er Stellung dazu, wie er im Falle eines Wahlsieges mit dem Stadtparlament umgehen will. Dort haben sich alle drei Fraktionen hinter Groll gestellt.
Sie fordern einen Amtsinhaber heraus, was immer besonders ist, und wirken im Wahlkampf dabei sehr optimistisch. Woher kommt die Zuversicht?
Sie kommt von den vielen Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern. Sie haben mir Mut zugesprochen und machen mich auch stark.
Welche besonderen Fähigkeiten bringen Sie mit, um Bürgermeister zu werden?
Thomas Groll hat mittlerweile vergessen, selbst Bürger zu sein. Ich bin ein einfacher, normaler Bürger, der eine Veränderung in der Stadt haben möchte. Das stärkt mich. Ich kenne viele Probleme in der Stadt aus der Sicht des Bürgers.
Wo drückt Sie denn der Schuh als Bürger?
Mir fehlt Gemeinschaft. Öffentlich scheint es, als sei in Neustadt jeder willkommen. Doch das ist nicht so. Hier gibt es viele Menschen, auch die seit Jahren hier leben, die einfach keinen Anschluss finden.
Finanzen sind ein großes Thema für Sie. Sie haben auch schon deutliche Kritik in der OP an der Haushaltsführung von Groll geübt. Wie gut kennen Sie den Haushaltsplan denn?
Ja, Finanzen sind mir ein sehr wichtiges Thema. Ich kenne dabei keine detaillierten Zahlen. Dazu müsste ich den Haushaltsplan studiert haben. Groll hat kürzlich gemeint, dass einige mögliche kleinere Einsparungen nichts brächten. Ich sage: Die kleine Kuh macht aber auch Mist. Also, warum nicht sparen?
Groll sagt allerdings, dass in seinen bisherigen Amtszeiten rund 5 Millionen Euro Schulden abgebaut wurden. Aktuell liegt der Schuldenstand der Stadt am Jahresende bei 5,5 Millionen Euro. Davon tilgen Bund und Land noch einiges.
Davon hörte ich, das ist natürlich sehr gut. Allerdings hebt Herr Groll auch immer wieder hervor, dass Millionen Euro Fördergelder in die Stadt geflossen sind. Das sind allerdings auch Steuergelder, Geld, das von den Bürgerinnen und Bürgern im ganzen Land gekommen ist. Wenn ich Steuergelder nutze, dann sind das auch Bürgergelder. Das passt für mich nicht. Wenn ich Millioneninvestitionen mit Fördergeldern mache, dann sind das Millionen Euro der Bürger. Das Geld hat der Bürger gezahlt, egal, wo er herkommt, ob aus Neustadt oder Gladenbach.
Sie sagen, dass Sie einige der größeren Investitionen der vergangenen Jahre nicht gemacht hätten. Worauf hätten Sie denn verzichtet?
Auf jeden Fall auf das „Haus für alle“ in Mengsberg. Die 2,5 Millionen Euro hätte man auch in andere Projekte stecken können, etwa in die Sicherheit der Bürger auf Wegen und Straßen, also in die Straßensanierung. Man könnte doch auch seitens der Stadt Geld in die Barrierefreiheit des Bahnhofs investieren, auch wenn alle sagen, das ist Sache der Bahn. Die Bahn müsste natürlich ihren Anteil selbst bezahlen.
Warum sind Straßen für Sie generell so ein großes Thema?
Weil viele von ihnen in Neustadt wegen ihres Zustandes aus meiner Sicht gefährlich sind. Wie zum Beispiel der Weg zum Spielplatz in Mengsberg. Wir müssen viel öfter mit den Bürgern über Verkehr sprechen, damit wir gute Lösungen finden. Nehmen wir die A 49. Wenn die Strecke im März freigegeben wird, dann wird Verkehr abnehmen. Aber wehe, die Autobahn wird mal gesperrt. Dann bekommen wir ein richtiges Verkehrsproblem, da bin ich sicher.
Darüber müssen wir miteinander sprechen, wie wir das dann lösen. Und die A 49 wird auch noch mehr Probleme bringen.
Welche?
Das Thema Sicherheit. Wir haben in Ehringshausen zum Beispiel nahe der Autobahn viele Diebstähle, weil die Auffahrt als Fluchtweg genutzt wird. Darauf müssen auch wir uns vorbereiten mit unserer Auffahrt in Speckswinkel.
Wenn Sie am 19. Januar zum Bürgermeister gewählt werden sollten, was packen Sie dann als Erstes an?
Das Thema wiederkehrende Straßenbeiträge. Die gehören abgeschafft.
Und was soll es stattdessen geben?
Die Stadt soll die Sanierung von Straßen komplett selbst bezahlen.
Aber wie wollen Sie das bezahlen?
Wir müssen nicht alle Straßen, die es nötig haben, sofort sanieren. Das wäre technisch auch gar nicht möglich. Wir sollten Stück für Stück abarbeiten, ohne die Bürger zu belasten.
Ein anderes Thema: Alle drei Parteien im Neustädter Stadtparlament unterstützen Bürgermeister Groll. Wie wollen Sie mit dem Parlament denn zusammenarbeiten, wenn Sie gewählt werden sollten?
Ich muss mit den Fraktionen im Stadtparlament zusammenarbeiten. Mir ist bewusst, dass das Stadtparlament hinter mir stehen muss, wenn ich etwas bewegen möchte. Wir wollen alle dasselbe, das Leben in der Stadt angenehmer machen, besser. Es geht nicht um das Stadtparlament, es geht um die Bürger, es geht um Neustadt. Auch die Stadtverordneten sind übrigens Bürger. Ich möchte keinen Alleingang, das lässt die Gemeindeordnung ja gar nicht zu.
Was wünschen Sie sich für den Wahltag?
Ich wünsche mir, dass die Menschen in Neustadt gerne zur Wahl gehen, ich wünsche mir ein gutes Ergebnis für die Kommune. Wenn sich die Bürger für Thomas Groll entscheiden, dann weiß ich, dass die Menschen keine Veränderung wollen, entscheiden sie sich für mich, dann wollen sie Veränderung. Ich bin in jedem Fall ein Gewinner, denn ich habe Herrn Groll aktiviert. Und ich habe die Stadt aktiviert, für und gegen mich. Ich habe die Menschen wachgerüttelt, ich habe Interesse geweckt. Das ist schon ein Gewinn.