Ein enger Schulterschluss

Energieversorger EAM entwickelt für Neustadt Projekte für Energiewende
Von Michael Rinde
Neustadt. Seit ziemlich genau einem Jahr arbeitet Energieversorger EAM mit der Stadt Neustadt an einem Konzept für die Energiewende vor Ort. Es setzt dort an, wo die Untersuchungen für das Klimaschutzkonzept (die OP berichtete) endete. Neustadt ist für den Versorger mit seinem Know-How und seinem Expertenwissen dabei Pilotkommune – sprich, die EAM will mit dem Vorgehen in Neustadt Erfahrungen sammeln und künftig auch anderen Kommunen ihren Service rund um die Energiewende anbieten. Der Vorteil für Neustadt: Die Stadt zahlt nichts für das Expertenwissen und die Konzepterstellung und die weitere Beratung.

Die Initialzündung für diese Zusammenarbeit erfolgte beim Verkauf der Anteile an der Netzgesellschaft Herrenwald, gegen die sich Neustadt zunächst gesträubt hatte. Einen Seitenhieb in Richtung Stadtallendorf konnte sich Bürgermeister Thomas Groll (CDU) denn auch nicht ganz verkneifen, damals wäre ein Schulterschluss sinnvoll gewesen.

Mitarbeiter der EAM stellten den Parlamentariern zentrale Überlegungen für die nächsten Schritte bei der Energiewende vor Ort vor. Dahinter stehen konkrete Projekte. „Viele Kommunen wissen nicht, wie sie dieses Thema lokale Energiewende angehen sollen“, verdeutlichte Markus Hardt von der EAM. Manche könnten sich auch keinen Klimaschutzmanager leisten, auch wenn es eine Förderung gebe.

Die grundlegende Analyse der aktuellen Situation lief im Zusammenspiel von Stadt und Versorger EAM. Wärme, Energie, Mobilität: drei Felder, in denen konkrete Schritte zur Energiewende in Neustadt möglich und nötig scheinen. Die EAM-Experten gaben Beispiele:

■ Energie: Denkbar und vergleichsweise schnell umsetzbar wären zusätzliche Photovoltaikanlagen auf städtischen Gebäuden. Ein Vorzeigeprojekt wäre dabei das Feuerwehrgerätehaus Lehmkaute. Nach Berechnungen und Planungen ließe sich dort eine Anlage mit einer Leistung von 85 Kilowatt Peak (kWp) aufs Dach bauen. Weitere Gebäude wären das Dorfgemeinschaftshaus und die Feuerwehr Momberg. Gesamtersparnis in Sachen CO2 pro Jahr: 45 Tonnen.

■ In Sachen Straßenbeleuchtung hat Neustadt viel getan, könnte aber noch etwas mehr tun. Bei klassifizierten Straßen und bei Schmuckleuchten gab es seinerzeit keine Umstellung auf LED. Das ist jetzt aber sowohl technisch als auch verfahrensmäßig möglich, die EAM bietet sich auch hier als Partner an. Es ließen sich 120 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr sparen. CO2-Ersparnis: 49 Tonnen pro Jahr, Kosten: 202 000 Euro.

■ Wärme: Die EAM hat auch Gebiete untersucht, in denen sich der Aufbau von Nahwärmenetzen lohnen könnte. Das wären die Leipziger Straße und die Dresdener Straße, das Neubaugebiet „Stückertriesch“ und die Flächen um die ehemalige Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne.

■ Auch in Neustadt liegt das größte Einsparpotenzial bei der energetischen Sanierung privater Gebäude, das hatte dort schon das Klimaschutzkonzept gezeigt. Die EAM sieht einen hohen Informationsbedarf und plant mit der Stadt und den künftigen Klimaschutzmanagerinnen für fünf Ostkreis-Städte Informationsveranstaltungen in diesem Jahr.

■ Mobilität: Dabei steht zunächst die Struktur für künftige E-Ladesäulen im Vordergrund. Die EAM beschafft aktuell Software, um Bedarfe besser einschätzen und planen zu können. Der Stadt Neustadt will das Unternehmen dabei von vornherein zwei zusätzliche Säulen finanzieren und aufbauen, wie Burkhard Meth erläuterte. Er ist Leiter der Netzregion Marburg/Wetzlar bei der EAM.

Im September gibt es eine Preisliste

Wichtig sei es, frühzeitig mit derartigen Projekten zu beginnen, um zu Effekten zu kommen, so Meth und seine Kollegen in der Parlamentssitzung. Derzeit wird das endgültige Konzept erstellt und dann an die Parlamentarier verteilt. Die wollen im September darüber beraten und entscheiden. Bürgermeister Groll will dazu auch eine „Preisliste“ erstellen, um zu zeigen, welches Projekt in Zukunft welche Kosten verursachen wird. Dann gehe es auch um die Setzung der Prioritäten, so Groll.