Im Ostkreis ist Stiften gehen „in – MNZ

Zahl der Stiftungen nimmt stetig zu / 50 000 Euro sind nötig
Von Pascal Reeber
Kirchhain/Wohra-tal/Neustadt. Stiften ist „in“. Sechs Stiftungen tun mittlerweile im Ostkreis Dienst an der guten Sache, allein zwei sind im vorigen Jahr hinzugekommen. Das liegt im hessenweiten Trend. „Die Zahl der Stiftungen hat sich sich in den letzten Jahren verdoppelt“, sagt Melanie Schäfer, Mitarbeiterin der Stiftungsaufsicht beim Regiertingspräsidium Gießen (RP).
Älteste Stiftung im Ostkreis ist die Dr. Schaffenrath’sche Stiftung aus Kircjihain. Es gibt sie seit dem 6. August 1618. Ihr Besitz sind mehrere Grundstücke in Kirchhain. Mit zwei Dritteln des Pachtzinses gibt die Stiftung Stipendien für Studenten der evangelischen Theologie. Bedingung: Er oder sie muss aus einer Kirchhainer Familie stammen. Der Rest des Geldes kommt je zur Hälfte den Armen und der Kirche zugute.
Wer eine Stiftung gründen
will, muss keine Millionen investieren. Die Stiftungsaufsicht beim RP empfiehlt eine Mindestsumme von 50 000 Euro, damit die Erträge stimmen. Denn bei einer Stiftung wird ein Vermögen, also Geld, Grundstücke oder Immobilien, fest angelegt. Nur die anfallenden Zinsen werden für den Stiftungszweck verwendet. Oder besser: Die Stiftungszwecke.
Jede Stiftung kann mehr als einen Zweck haben
Denn jede Stiftung kann mehr als einen Zweck haben. So wie die F. und G. Wilmes-Stiftung aus Wohratal, die sich seit ihrer Gründung 2008 der Förderung von Kindern, aber auch alten Menschen verschrieben hat. Oder die Dieter Baum-Stiftung aus Neustadt, gegründet 2006. Sie widmet sich laut Stiftungszweck „der Gewinnung und Integration von Kindern und Jugendlichen in Sportvereinen“ und fördert die Gesamtschule Neustadt.
„Der Stiftungszweck ist besonders wichtig“, sagt Melanie
Schäfer vom Regierungspräsidium. „Darin muss genau formuliert sein, was die Stiftung will – und zwar möglichst konkret.“ Schließlich sollen Stiftungen auch über den Tod des Stifters hinaus bestehen. Sprich: Auch wenn der Stifter lange tot ist, muss klar sein, dass die Stiftungsgelder in seinem Sinn eingesetzt werden.
Stiftungen sind für die Ewigkeit angelegt: „Das Geld kann nicht wieder aus der Stiftung herausgenommen werden“, sagt Schäfer. Entsprechend dauerhaft muss auch die Organisation einer Stiftung sein. Jede Stiftung braucht eine Verfassung. Darin müssen der
Name, der Sitz, der Zweck, das Vermögen und der Vorstand benannt sein. Gerade der Vorstand ist wichtig, er führt die Geschäfte, verwaltet das Vermögen.
Zurück nach Kirchhain: Die Schaffenrath’sche Stiftung mit ihren Grundstücken ist keine Ausnahme: Es gibt viele Stiftungen, die statt Geld Grundstücke oder Immobilien verwalten oder das Geld aus Firmengewinnen ausschütten. Stiftungen können auch Aktien halten. „Wir achten aber genau darauf, dass maximal ein Drittel des Vermögens in spekulativen Anlagen liegt“, sagt Schäfer. Auch da gilt wieder der
Grundsatz: Die Stiftung soll ewig bestehen.
In diesem Jahr hat Melanie Schäfer für das Regierungspräsidium Gießen schon sechs neue Stiftungen gezählt. Im gesamten Jahr 2008 waren es 14. Was sind die Gründe für diesen Boom? „Es gibt immer mehr kinderlose Paare und alleinstehende Menschen, die keinen Erben haben. Außerdem wollen sich viele Menschen mit Stiftungen ein Denkmal setzen, damit ihr Name die Generationen überdauert“, sagt Schäfer. Außerdem fällt auf das Vermögen für Stiftungen keine Erbschafts- und Schenkungssteuer an, und das Finanzamt begünstigt den Stifter bei der Einkommensteuer.
Für die meisten Stifter scheint übrigens der Sinnspruch zu gelten: „Tue gutes und rede nicht darüber.“ Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigten mehrere Stifter aus dem Landkreis, mit ihrem Geld etwas für den guten Zweck tun zu wollen. Genauso einmütig sagten sie aber auch: „Schreiben Sie das nicht, wir wollen nicht in der Öffentlichkeit stehen.“ H Eine Liste aller Stiftungen in Mittelhessen gibt es auf der Internetseite der Regierungspräsidiums Gießen www.rp-giessen.de unter dem Punkt „Sicherheit und Ordnung“.
■ Dr. Schaffenrath’sche Stiftung. Gegründet: 1618. Sitz: Kirchhain. Zweck: Stipendium für Studenten der evangelischen Theologie, Armenarbeit, kirchliche Zwecke.
■ Schenckenstiftung Samtbau. Gegründet: 1740. Sitz: Stadtallendorf. Zweck: Erhalt der Burganlagen der Schenckschen Stammburg.
■ Friedhelm-Wilmes-Stiftung. Gegründet: 2000. Sitz: Wohratal. Zweck: Förderung von Kindern in medizinischer, erzieherischer und schulischer Sicht. Außerdem Unterstützung von Bedürftigen und kranken, alten Menschen in Pflegeheimen, Hospizen.
■ Dieter-Baum-Stiftung. Gegründet: 2006. Sitz: Neustadt. Zweck: Förderung von Sport und Schulen in Neustadt, besonders die Gewinnung und Integration von Kindern und Jugendlichen in Sportvereinen sowie die Unterstützung der Gesamtschule Neustadt.
F. und G. Wilmes-Stiftung. Gegründet: 2008. Sitz: Wohratal. Zweck: Förderung von Kindern in medizinischer, erzieherischer und schulischer Sicht. Außerdem Unterstützung von Bedürftigen und kranken, alten Menschen in Pflegeheimen, Hospizen etc.
■ Horst und Charlotte Holland-Letz-Stiftung. Gegründet: 2008. Sitz: Neustadt. Zweckt Förderung von Projekten, die der Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen dienen, die Förderung der Verbreitung christlichen Gedankengutes, des Umweltschutzes und der Denkmalpflege. (p r e)