Telefon lahmgelegt – und somit auch der Hausnotruf / Deutsche Glasfaser in der Kritik
Von Florian Lerchbacher
Neustadt.
„Der Hausnotruf gibt unserer ganzen Familie ein Gefühl der Sicherheit“, sagt Hans-Gerhard Gatzweiler. Seine Mutter lebt mit stolzen 90 Jahren noch alleine, ist allerdings auf einen Rollator angewiesen und leidet auch ansonsten unter der ein oder anderen Einschränkung, die das Alter mit sich bringt. Beispielsweise wird ihr schwindelig, wenn sie sich bückt. Die Gefahr zu stürzen ist also allgegenwärtig.
Trotz Dringlichkeit lässt der Techniker auf sich warten
Zum Glück gibt es den Hausnotruf: einen kleinen Knopf, den sie an einem Armband trägt, und den sie drücken kann, wenn ihr etwas passiert. Dann läuft beim Deutschen Roten Kreuz ein Notruf ein, was die Mitarbeitenden zunächst dazu veranlasst, mittels hinterlegter Telefonnummern ein Familienmitglied von Annegrete Gatzweiler zu kontaktieren. Im äußersten Notfall können sie aber auch jemanden schicken, der sich Zutritt zum Haus verschafft. „Das ist sehr beruhigend, denn wir sind zwar regelmäßig vor Ort und schauen nach, aber es kann ja trotzdem etwas passieren“, sagt Hans-Gerhard Gatzweiler.
Fast drei Wochen lang musste die Familie allerdings auf diesen Sicherheitsanker verzichten. Wie viele andere Menschen in Neustadt auch, hatte die 90-Jährige vor Jahren einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abgeschlossen. Nach langem Warten war es dann im Februar so weit: Der Anschluss wurde bis in Haus gelegt und freigeschaltet. Am 7. März wurde die alte Rufnummer übertragen und ihr Sohn versuchte, den Router mit dem Telefon und dem Hausnotruf zu verbinden. Doch die Freischaltung misslang.
Also gab der Neustädter eine Störungsmeldung per Hotline ab, woraufhin die Leitung durchgemessen und analysiert wurde, es liege am Router. Ein neuer traf fünf Tage später ein, doch wieder wurde ein Fehler angezeigt. Einen Tag später sei ein Techniker beauftragt worden, um im Haus seiner Mutter die Situation zu überprüfen, berichtet Gatzweiler: „Auf meine Frage, welche Reaktionszeiten für Techniker gelten, sagte man mir 24 bis 48 Stunden.“ Doch die Gatzweilers warteten vergeblich – zumindest elf Tage lang.
Handy ist für 90-Jährige keine Hilfe
Trotz mehrfacher Nachfrage sei kein Technikereinsatz terminiert worden – auch nicht, obwohl er auf die besondere Dringlichkeit wegen des Hausnotrufs hingewiesen habe, ärgert sich der Neustädter. Seine Mutter müsse auf Telefon und Hausnotruf verzichten, bei anderen Haushalten kämen in solchen Fällen Internet, Fernsehen und Radio dazu. Viele würden also lahmgelegt – vor allem Menschen im Homeoffice. Die meisten Menschen könnten zwar einiges mit ihren Handys überbrücken, seine Mutter aber eben nicht. Zwar habe sie ein solches, könne aber maximal Anrufe entgegennehmen – aber nicht absetzen. Schon gar nicht, wenn sie in einer Notsituation und besonders aufgeregt wäre. In seiner Verzweiflung kontaktierte Gatzweiler letztendlich die Oberhessische Presse.
Auf OP-Nachfrage teilte die Presseabteilung der Deutschen Glasfaser innerhalb eines Tages mit, dass bei einer standardmäßigen Wartung des PoP (Glasfaserhauptverteiler) am 12. Februar dieses Jahres ein Fehler aufgetreten sei: „Leider können bei diesen Wartungen Störungen bei vereinzelten Anschlüssen ausgelöst werden.“ Der Fall des Kunden sei in Bearbeitung und „noch diese Woche wird ein Techniker das Problem vor Ort versuchen zu lösen“.
Doch noch am selben Tag kam ein Techniker zu den Gatzweilers und löste das Problem. Im Glasfaserkabel, das ins Modem führe, gebe es eine Schlaufe, berichtet Hans-Gerhard Gatzweiler. Diese sei zu fest zugezogen gewesen, sodass das Signal nicht durchgehen konnte. „Ich musste auf Hinweis an der Hotline das Modem abnehmen und resetten. Hätte man mir den Tipp gegeben, die Schlaufe zu überprüfen, hätte ich das Problem auch selbst lösen können“, sagt er lachend und deutlich erleichtert.
Unternehmen bedauert den Fall derweil
Die Deutsche Glasfaser bedauert den Fall derweil. „Leider nimmt die übergeordnete Fehlersuche im Vorfeld oft mehr Zeit im Anspruch als geplant, aber selbstverständlich hat die Entstörung von unseren Kunden oberste Priorität“, teilt die Presseabteilung mit. Auf die Frage, ob ein Hausnotruf-Fall nicht Priorität genießen sollte, erklärt sie: „In der vorliegenden Situation kann aber auch immer noch die Notruffunktion über ein Mobiltelefon genutzt werden, da sie unabhängig von Störungen des Festnetzanschlusses funktioniert.“