Teilerfolg: Gymnasialer Zweig wird in Neustadt weiter geführt

Parlament diskutierte in Sondersitzung die Zukunft der Gesamtschule Neustadt
Neustadt. Der Einsatz für den Schulstandort Neustadt hat sich ausgezahlt: Im kommenden Schuljahr wird der gymnasiale Zweig weiter geführt, wenn die Schülerzahl nicht unter 24 liegt.
von Helmut Seim
Unermüdlich wirbt Bürgermeister Manfred Hoim (CDU) seit 2004 für den Erhalt des Bildungsangebots in der Junker-Hansen-Stadt. Er sprach mit der Schulleitung, Ministerpräsident Roland Koch und Kultusministerin Karin Wolff und vermeldete gestern Abend in der Sondersitzung des Parlaments einen Teilerfolg: Die Ministerin sicherte ihm am Montag telefonisch zu, dass der gymnasiale Zweig im kommenden Schuljahr weiter geführt wird.
Voraussetzung für dieses Zugeständnis ist allerdings eine entsprechende Nachfrage. Derzeit besuchen 32 Schüler den gymnasialen Zweig, noch vor 10 Tagen waren es nur 22. Nach dem hessischen Schulgesetz
müssen jedoch mindestens 24 Schüler das Angebot nutzen.
Jetzt wirkt sich negativ aus, dass viele Neustädter Familien ihre Kinder auf weiterführende Schulen, vorwiegend in Treysa und Amöneburg schicken. Hoim bezweifelte, dass die Eltern von der Schulleitung im notwendigen Maße davon unterrichtet waren, welche elementare Bedeutung das Bleiben ihres Kindes für den Bestand der Schule habe.
„Allein das Hinarbeiten und Vorbereiten auf eine integrierte Gesamtschule reicht eben nicht aus, wenn ich mich nicht gleichzeitig um die notwendigen Schüler bemühe“, kritisierte der Rathauschef. Kreis und städtische Gremien hätten in den vergangenen Monaten all das getan, was sie Eltern und Kindern schuldig gewesen seien.
Schuldezernent Dr. Karsten McGovern verdeutlichte, wie wichtig die Einrichtung der Klasse 5 für die weitergehende Entwicklung der Gesamtschule Neustadt sei. Ohne den vom Kreistag beschlossenen Schulentwicklungsplan hätte es weder eine Realschule, noch eine Förderstufe oder ein Gymnasium gegeben. Als Alternative zur Schließung des gymnasialen Zweigs biete sich die integrierte Gesamtschule an. Gerade in Neustadt müsse das qualitativ hochwertige Bildungsangebot für die Kinder vor Ort Bestand haben, so McGovern.
Als „sehr gute Nachricht“ bezeichnete Schulleiter Hartmut Boß die Weiterführung der 5. Gymnasialklasse. Aufgrund der schwankenden Jahrgangsstärke zwischen 70 bis 90. Schülern sei es in der Vergangenheit nicht vorhersehbar gewesen, wie viele Schüler an andere Schulen abwanderten, meinte Boß ohne auf die kritischen Worte des Bürgermeisters näher einzugehen. Der Schulleiter stellte eine „Aufbruchstimmung“ im Kollegium fest: „Viele sagen, sie würden das sinnvolle gymnasiale Angebot für Neustadt gerne unterstützen und aktiv werden.“
Schockiert hätten die Eltern vor Jahresende die ablehnende Nachricht aus dem Ministerium aufgenommen, erzählte Elternbeiratsvorsitzende Andrea Bauscher. Sie wehrte sich gegen den Vorwurf des mangelnden Interesses an der Gesamtschule und verwies auf die mit der Unterschriftensammlung begonnenen Aktionen, die heute fortgeführt werden und am Freitag mit einer Demonstration und anschließender Kundgebung ihren Abschluss finden.
Das Thema Schule eignet sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen, darin waren sich Thomas Horn (SPD) und Thomas Groll (CDU) einig. Letzterer kritisierte deshalb auch den Genossen Hans-Gerhard Gatzweiler, als dieser den schwarzen Peter dem Land zuschob und Ministerpräsident Roland Koch aufforderte, seinen Erklärungen endlich Taten folgen zu lassen – ganz ohne Wahlkampf ging es doch nicht.
Es sei verfehlt, wenn das Ministerium starre Schülerzahlen vorgebe und davon nicht abweichen wolle, sagte Groll. Zur besseren Auslastung der Gesamtschule riet der Stadtverordnetenvorsteher: „Auch jeder Mandatsträger muss sich hinterfragen, auf welche Schule gehen meine Kinder?“